Ein trauriger Tag für die Menschheit

Die Gewalt (Fried)
Die Gewalt fängt nicht an
wenn einer einen erwürgt
Sie fängt an
wenn einer sagt:
‘ich liebe dich:
Du gehörst mir!’

Die Gewalt fängt nicht an
wenn Kranke getötet werden
Sie fängt an
wenn einer sagt:
‘Du bist krank:
Du mußt tun was ich sage’

Die Gewalt fängt an
wenn Eltern
ihre folgsamen Kinder beherrschen
und wenn Päpste und Lehrer und Eltern
Selbstbeherrschung verlangen

Die Gewalt herrscht dort
wo der Staat sagt:
‘Um die Gewalt zu bekämpfen
darf es keine Gewalt mehr geben
außer meiner Gewalt’

Die Gewalt herrscht
wo irgendwer
oder irgendwas
zu hoch ist
oder zu heilig
um noch kritisiert zu werden

oder wo die Kritik nichts tun darf
sondern nur reden
und die Heiligen oder die Hohen
mehr tun dürfen als reden

Die Gewalt herrscht dort wo es heißt:
‘Du darfst Gewalt anwenden’
aber auch dort wo es heißt:
‘Du darfst keine Gewalt anwenden’

Die Gewalt herrscht dort
wo sie ihre Gegner einsperrt
und sie verleumdet
als Anstifter zur Gewalt

Das Grundgesetz der Gewalt
lautet: ‘Recht ist, was wir tun.
Und was die anderen tun
das ist Gewalt’

Die Gewalt kann man vielleicht nie
mit Gewalt überwinden
aber vielleicht auch nicht immer
ohne Gewalt


Guter Text. Selber geschrieben? Für´n Song?


@fopre:

fuehl dich doch bitte nicht persoenlich angegriffen. ich will niemanden angreifen, finde bloss, dass man das thema etwas differenzierter als “verbot ist scheisse” oder “verbot ist allheilmittel” sehen muss. wenn ich selber eine loesung dafuer parat haette, haette ich sie schon laengst von mir gegeben. ich hatte bloss gedacht, dass man vielleicht auf ideen kommt, wenn darueber diskutiert, v. a. weil sich hier ja viele mit dem thema auskennen.


leider nein, is von Erich Fried.


Wirklich ein sehr guter Text!

Steppenwolf: Keine Sorge, ich fühle mich nicht angegriffen, genauso wie ich hoffe, dass du dich nicht angegriffen fühlst (was bei meinem Text sicher leicht passieren könnte)! Es ist auf jeden Fall nicht schlecht, über dieses interessante Thema zu diskutieren, gerade weil ich auch gerne und viel Fachliteratur dazu gelesen habe bzw. lese.
Wobei ich gestehen muss, dass ich des Themas etwas überdrüssig bin, da ich aufgrund meiner langjährigen Aktivität in der LANparty-Szene schon sehr oft und intensiv damit zu tun hatte.

Leider sind die meisten Kritiker von Computerspielen auch aus völlig objektiver Sicht nur noch als “verbohrt” zu bezeichnen. Die meisten machen sich nicht die Mühe, sich wirklich einmal anzusehen, über was sie da reden oder einmal über die roten Pixel hinauszublicken. Es gibt sehr viele, wenn auch meist ungenügende, Studien zu dem Thema. Übrigens kommen die meisten auf das Ergebnis, dass Computerspiele ungefährlich sind (laut Australians and Computergames Today sogar gänzlich). Andere dagegen berichten wiederum über eine verminderte Empathie direkt nach dem Spielen. Über Langzeitfolgen gibt es allerdings noch KEINE Studien. Nun gehen diese Leute also her, finden eine Studie, die dann zum Teil noch eine sehr fragwürdige Methodik aufweist und ziehen aus den Kurzzeitergebnissen Schlüsse auf eine in ihren Augen erhebliche Langzeitwirkung. Das ist natürlich völliger Quatsch und der “Schluss” ist eher ihre eigene Meinung “des is so brutal, des kann ja nix guts sein, da muss man ja gewalttätig werden”, den sie dann durch irgendetwas untermauert sehen.
Es gibt Leute (auf der bereits erwähnten Veranstaltung erlebt), die sich zu Wort melden und sich darüber auslassen, dass solche Computerspieler dann doch nicht nur Amoklaufen, sondern auch in Fußgängerzonen Omas anrempeln.

Dabei zeigt z.B. eine Studie in den USA, dass in den letzten Jahren - man mag es kaum glauben, denn die quotengierigen Medien zielen gerne auf die Sensationsgeilheit der Zuschauer ab und erzählen einem etwas völlig anderes [siehe dazu auch Bowling for Columbine] - die Jugendkriminalität in den USA zurückgegangen ist. Also kaum ein Zusammenhang mit dem Aufkommen von “brutalen” Computerspielen in der gleichen Zeit, oder?

Nunja, die landläufige Meinung ist aber genau das Gegenteil: Unsere Jugend verkommt zu lauter kleinen Terroristen und wer schuld ist, ist ja klar. So titelte die “Neue Solidarität” (frag mich wirklich, wie die Zeitung zu diesem Namen kommt) schon über die “Gehirnwäsche” durch Gewaltspiele aus den USA…

Ich wünsche mir nur, dass die Leute mit etwas wacherem Auge durch die Gegend laufen - z.B. Computerspiele nicht einfach verbieten, damit man sie ignorieren kann. Nicht fragen “Was bringen denn diese Computerspiele überhaupt?” sondern “Welche Gefahren birgen sie eigentlich wirklich, oder doch nicht?” - anstelle eine “offensichtliche” Theorie anzunehmen.
Auch Bücher wurden nach “Das Leiden des jungen W.” zum Teufelsmedium erklärt…

cu
Ford Prefect